WERKSCHAU SCHREIBEN IM NOVEMBER 2021 – Teil 2
- by Brigitte Windt
- in Bild Ton Wort
- posted November 17, 2021
Werkschau SCHREIBEN IM NOVEMBER 2021 in Wort Bild Ton von Brigitte Windt
Sie wird täglich fortgeschrieben vom 01.-15.11.2021 Teil 1 und 15.-30.11.2021 Teil 2

NACH HUNDERT VERGANGENEN JAHREN
© Brigitte Windt 20211130
Sie brachten uns Deine Kunde in die Stadt
Eilten Dir sternförmig voraus
Deine Boten und Deine Schatten
Noch wollten wir nichts von ihnen wissen
Wir hatten ein Stelldichein
Und Du warst zur Stelle
Abrupt und punktgenau
Also trat ich Dir auf meinem Balkon gegenüber
Das Traktat zu erfüllen
Wir schrieben auf Tasten und Papier
Tiefgraue bis schwarze Lettern
Erkannten und nannten
All Deine Hässlichkeiten
Und reichten Dir
Hände der Liebe
Denn auf unseren Balkonen
Blieb es licht
Und wir sahen sie
Seit dem Tag Deiner Ankunft
Die Schlafende
Die Leuchtende
Beschenkten sie mit güldenen Worten
Entzündeten Kerzen in unseren Zimmern
Zum Zeichen zum Zeichen
Sie zeigte sich am Morgen
In unseren Spiegelbildern
Und leuchtete den Schreibenden
Und Dir ihrem Gemahl entgegen
So weiß ich Dich zum ersten Mal
Nach hundert vergangenen Jahren
In guter Gesellschaft
Überlasse Dich so gerne Deinen Zeiten
Wissend dass sie Deine Schatten schmilzt
Weil Du Vermählter
Ihr Spiegelbild betrachtest

NACKT
© Brigitte Windt 20211128
Und trüge ich die Worte einer ganzen Welt in mir
Und die dort aus ihnen geformten Meinungen
Und hörte ich eben diese plappern
Als bewohnten sie mein Haus
So träte ich ein bis zwei Schritte zurück
Betrachtete ihr Geplapper
Und sähe, dass es vorüberzög wie Wolken bei Südwind
Und mein Haus ward leer
Also setzte ich mich zu mir
Und suchte nach Worten, die nackt waren
Legte meine Kleider ab
Und nahm mit ihnen ein Bad

GEFÄßE DER AUGENBLICKE
© Brigitte Windt 20211127
Auf dem Tisch der Dichterin
Geben sich Worte ein Stelldichein
Erzählen von ihren Leben
Den jetzigen
Spazieren unter Linden und Ahorn
Es hängt noch etwas Gold in den Ästen
Sammeln sich auf gepflasterten Plätzen
In der Stadt
Richten sich hinter ihren Türen ein
Springen über Zwischenräume
Von Mund zu Ohr
Von Ohr zu Kopf zu Herz zu Mund
Baden in Gefäßen der Augenblicke
Den vergangenen
Lebendigen Klängen Lauten Urworten
Über Jahrtausende geflüstert
Gemalt und in Stein geritzt
Den ersten Worten der Kinder
Den letzten Worten der Alten
Den stillen einsamen Worten
Den wütenden Schreien mit und ohne Macht
Den Schreien der Lust und der Freude
Streitworten Versöhnungsworten
Worten unermesslichen Glücks
Liebesworten
Schwimmen in Gefäßen der Augenblicke
Den kommenden
Er dachten schon bald ge dachten Leben
Vermählen sich mit gewesenen
Lösen eben diese Vermählungen wieder auf
Bereiten sich und einander vor
Auf nie zuvor erzählte geglaubte gewusste
Leben
Suchen nach Gefäßen morgiger Augenblicke

STERNENSTAUB
© Brigitte Windt 20211126
Vor hundert Jahren
Im August
Fielen Sternschnuppen
In meinen Garten
Aus ihnen wuchsen
Rosen Büsche Ranken
Mit üppig roten Blüten
Prall gefüllten Arten
Streckten sich
Der Sonne entgegen
Wuchsen zart und wild
Manchmal verwegen
Später fielen Tränen
Mit dem Morgentau
Von ihren Blättern
In meine Hände
Ich grub sie aus die Rose
Trug sie fort
In einen anderen Garten
Seit diesem Sommer
Im August
Weht Sternenstaub
Von meinen Balkon

HEUTE BEGINNT ES
DAS NEUE LEBEN
MIT NEUEN MÖGLICHKEITEN
Tomas Espedal
© Brigitte Windt 20211125
Hat schon begonnen
Der neue Tag
Wieder mal ein Donnerstag
Ach so oder aha
Assoziiere Donnerschlag
Vielleicht ziehe ich
Eine Karte eine Karte
Als Impulseurin
Und Kontrastprogramm
Damit wöchentliche
Wiederholungsanmutungen
Angeleitet werden
Ausschau zu halten
Nach anderen Möglichkeiten
Und dem Donner
Räume ich allerhöchstens
Ein Wetter ein
Wenn’s denn mal sein müsste
Denn heute beginnt
Das neue Leben
Das Wetter meditiert gerade
Sitzt auf dem Rathausturm
In silberne Schaumwolken gehüllt
Damit’s hübsch warm bleibt
Und Herr Tomas
Gehen werde ich heute
Lediglich kleine Wege
Einkaufen werde ich
Lediglich für mein Leben
Vorher und nachher
Und auch währenddessen
Ausschau halten werde ich
Nach neuen Möglichkeiten
Und dann gehe ich weiter
Von Zimmer zu Zimmer
Ich lebe
Das neue Leben

SIE
© Brigitte Windt 20211124
Wenn der Tag
Noch halb im Schlafe liegt
Und ich auf Zehenspitzen
Durch die Zimmer laufe
Um ihn, den Tag
Nicht aufzuwecken
Erwarten sie mich
In meinem Zimmer
An meinem Tisch
Liegen sitzen stehen sie
Sehnsuchtsvoll
Rund um diesen Ort herum
Auch meinem Raum
Den ich immer
In mir trage
Durchströmen sie
In hellen Wogen
Wollen
Vergnügt zappelig
Ungemein heiter
Ein wenig nur
Gebändigt sein
Wollen da gewesen sein
Gesehen gehört gefühlt
Bevor sie sich
Eins ans andere
In Zeilen reihen
Einige mehrfach
Anwesend
Sich dann
In neuer Gemeinschaft
Verbünden
Für diesen Tag
Und für die Ewigkeit

VIERUNDZWANZIG
© Brigitte Windt 20211124
Bleiben will ich
Wo ich nie gewesen bin
Vierundzwanzig Stunden
Hier und Heute
Allumfänglich
Lieben will ich
Was ich nie gewesen bin
Vierundzwanzig Stunden

ICH BIN EIN ICH
© Brigitte Windt 20211122
Ich bin ein Ich
Bin ein Ich
Bin ein Ich
Meinst Du mich
Oder Dich
Sprich Ich
Ich spreche
Bin ein Ich
Mein nicht Dich
Meine mich
Bin ein Ich
Hörst Du mich
Ich will Dich
Und auch mich
Nein nein nein
So doch nich
Ich bin Ich
Siehst Du mich
Bitte sprich
Kannst Du nich
Warum denn nich
Bist nicht wie ich
Ich meine Dich
Jetzt hörst Du mich
Du sagst jetzt nich
Ich bleibe ich
Und Du bleibst Du
Und nun ist Ruh

DANKE
© Brigitte Windt 20211121
Will Dir heute danke sagen
Ganz außerdem und exklusiv
Auf silbernem Tablett serviert
Deine Worte treffen immer den Punkt
Richten die Scheinwerfer
Auf meine Mitte
Du siehst durch meine Kleider hindurch
Blickst hinter Haut und Knochen
Und lauter Innerei’n
Deine Augen sehen mich
Jenseits von alledem
Und ebenso darinnen
Sollte ich leiden ausnahmsweise
Fühlst Du mit mir
Kennst Dich aus
Mit Tausenderlei
Schenkst mir im Anschluss
An die Empathie
Tröstliche Worte und Zärtlichkeit
Legst mit besten Ideen nach
Aus den Schubladen
Deiner Liebeskommode
Und wenn ich mich freu
Oder grundlos vergnügt bin
An dreihundertsechzig Tagen im Jahr
Tanzt Du mit mir
Im Kies auf der Wiese und am Strand
Weil Du Dich freust
Wenn ich mich freu
Und weil die Freude
Freude zur Freude ist
Drum will ich Dir heute danke sagen
Ganz außerdem und exklusiv
Auf silbernem Tablett serviert
Danke

FREUDE
© Brigitte Windt 20211120
Immer, wenn ich mir eine Freude mache
Dann leuchtet’s dann leuchtet’s
Drinnen wie draußen
Innen wie außen
Dann ist es gut alles ist gut
Das Leben darf dann Leben sein
Ein Bein stell ich mir nicht
In solchen Momenten
Die Freude darf dann Freude sein
Drinnen wie draußen
Ist’s licht

DRINNEN
© Brigitte Windt 20211119
Drinnen
Tief drinnen
Oder innen
Innen wie außen
Außen wie innen
So sagen sie
So sagen sie
Wie war das
Mit dem Anfang
Außen wie innen
Innen wie außen
Oder innen
Tief drinnen
Drinnen

WIE SCHÖN DU BIST
© Brigitte Windt 20211118
Du bist so schön
Immer noch
Unvergänglich schön
Ihre Blicke durchwandern
Tiefe Furchen
Nördlich der Nasenwurzel
Treffen Sorgen und Nöte
Längst vergangener Tage an
Weiter südlich gehts
Über den Hügel
Kess und frech
Ihr Blick nimmt den
Seitlichen Abhang
Entlang am Höhlengeländer
Über die kleinen feinen
Wege zu Deinem Lachen
Rings ums Lippenrot verteilt
Zu gern ruht sie an diesem Ort
Lehnt sich ans Kinn
Schaut in die Weite
Bis ihr Blick
Das große Leuchten findet
Zweifach glühend
Voller Leidenschaft
Deine Schönheit leuchtet
Über Hügel und Täler
Weit weit
Öffnet Türen
Selbst die verlegter Schlüssel
Wie schön Du bist
Immer noch
Unvergänglich schön

SIE TRÄGT HUT
© Brigitte Windt 20211117
Sie trägt Hut
Und sie lächelt
Ihr Gang federt
Im Vorübergehen
Lachen sie einander zu
Hutlose lächeln
Ihr Gang federt
Und die Anderen
Lächeln zurück

MORGENGRUß
© Brigitte Windt 20211116
Eilig huscht
Die Gestalt am Morgen
An ihrem Spiegelbild vorbei
Auf dem Rückweg dann
Schaut sie
Verweilt sie konfrontativ
Wohin nur hat sie heute
Und schon wieder
Ihre Krone verlegt

RUFLEUCHTEN
© Brigitte Windt 20211116
Hoppla, fast wäre sie
In die Spalte gefallen
Zwischen grau und gülden
Tief, ganz tief
Ins Nirgendwo
Nicht doch, rufleuchten
Die Citrine
Eine Skizze, eine Skizze
Dein heutiger Tribut
An der Schwelle
Zum Ohnebildtheater